Inhaltsverzeichnis
- Überfordert im Alltag
- Überforderung: eine Definition
- Anforderungen sind größer als die Ressourcen.
- Ressourcen sind nicht zugänglich.
- Anforderungen oder Ressourcen werden falsch eingeschätzt.
- Körperlich überfordert
- Überforderung körperliche Ursachen
- Überforderung körperliche Symptome
- Psychisch und emotional überfordert
- Überforderung psychische und emotionale Ursachen
- Abwärtsspirale bei psychischer und emotionaler Überforderung
- Überforderung psychische und emotionale Symptome
- Was tun bei emotionaler Überforderung?
- Häufige Fragen
Überfordert im Alltag
„Überforderung“ wird rund 180 mal am Tag bei Google gesucht. Das ist öfter als alle 10 Minuten.
Also, nein, du bist bei Weitem nicht allein damit!
Trotzdem ist „ich bin überfordert“ selten der Satz mit dem man eine Unterhaltung in der Mittagspause startet. Oft aus dem Gefühl heraus, wir sollten das eigentlich schon alles auf die Reihe kriegen können.
Einen Alltag haben schließlich alle und den Job, die Kinderbetreuung, der eine Schicksalsschlag, der Haushalt – und was auch immer es bei dir ist – „kann ja wohl nicht so ein Problem sein“.
Klar, ist das ziemlich sinnlos, sich mit „den anderen“ zu vergleichen. Dass dich das runterzieht, weißt du selbst.
Aber auf der anderen Seite: vielleicht stimmt das auch, was du da feststellst?
Vielleicht weiß ein Teil in dir ganz genau, dass du eigentlich die Kraft hättest, dein Leben mit allem drum und dran zu leben. Statt dich zum Funktionieren durch den Tag zu hieven und wie eine schlaffe Marionette abends auf dem Sofa zu landen (und später schlaflos im Bett).
Du kannst deinen Alltag bewältigen und richtig große Herausforderungen meistern. Ja, dafür brauche ich dich nicht zu kennen: du bist zum Leben geboren. Du bist Mensch. Du kannst so vieles.
Aber eben nur, wenn du mit dir und deiner inneren Kraft verbunden bist und Zugriff auf ausreichend Ressourcen hast. Sonst ist das alles eben tatsächlich ein Problem.
In diesem Artikel analysiere ich, was Überforderung genau bedeutet. Mein Ziel ist es, Überforderung zu verstehen, um besser einordnen zu können, an welcher Stelle es vielleicht eine Veränderung braucht.
Das ersetzt weder persönliche Beratung oder Begleitung noch deine tägliche Praxis für mehr Stabilität. Aber es ist ein Anfang.
Überforderung: eine Definition
Grundsätzlich wird Überforderung als ein Zustand definiert, in dem die Anforderungen (= alles, was fordert) die Ressourcen (= alles, was bei der Bewältigung unterstützt) übersteigen.
Anforderungen sind größer als die Ressourcen.
Das ist einfach und logisch – nehmen wir ein Beispiel: du sollst einen langen Weg in der Wüste zurücklegen, du hast aber kein Wasser und keinen Sonnenschutz.
Anforderungen > Ressourcen
Das ist aber nicht alles.
Ressourcen sind nicht zugänglich.
Überforderung tritt aber auch ein, wenn die Ressourcen zwar da sind, aber nicht verfügbar. Es gibt zwar Wasser und Sonnenschutz, aber beides ist in einem Haus eingesperrt – mit einem dicken Schloss an der Tür und du findest den Schlüssel nicht.
Anforderungen = Ressourcen, aber Ressourcen ≠ zugänglich
Und es gibt noch eine weitere Möglichkeit:
Anforderungen oder Ressourcen werden falsch eingeschätzt.
Und Überforderung tritt ein, wenn die Anforderungen als sehr hoch und / oder die Ressourcen als sehr gering eingeschätzt werden – und das gar nicht zutrifft.
Du denkst, der Weg dauert 3 Stunden – dabei hast du dich nur auf der Karte getäuscht und es sind 10 Minuten. Oder du hast übersehen, dass du vier und nicht nur eine Flasche Wasser dabei hast.
Anforderungen = Ressourcen, aber scheinbar Anforderungen > Ressourcen
Das heißt: Überforderung fühlt sich immer nach Überforderung an – um sie zu überwinden, brauchst du aber manchmal mehr Wasser, manchmal einen Schlüssel und manchmal einen frischen Blick auf die Situation. Oft auch eine Mischung aus allem.
Das Prinzip ist klar, oder?
Was bedeutet das jetzt für körperliche bzw. psychische & emotionale Überforderung?
Körperlich überfordert
Körper und Psyche sind strukturell gekoppelt, das bedeutet sie sind ständig auf einander bezogen und haben einen riesigen Einfluss aufeinander.
Daher hängen körperliche und emotionale Ursachen und Anzeichen von einander ab: Mit z. B. einem Nährstoffmangel kannst du dich also genauso niedergeschlagen fühlen, wie nach einer Trennung.
Überforderung körperliche Ursachen
Körperliche Überforderung kann entstehen, wenn dein Organismus z. B. mehr und länger Energie bereitstellen muss, als es ihm möglich ist ohne Schaden zu nehmen.
Das kann passieren, wenn du als ungeübte Läufer*in plötzlich an einem Marathon teilnimmst. Das kann aber auch passieren, wenn du einen starken Nährstoffmangel oder z. B. einen Infekt hast.
Außerdem kann dein Körper irgendwann überfordert sein, wenn du sehr viel oder sehr lange Stress hattest – egal mit welchem Auslöser. Ohne ausreichende Ruhephasen, kann er sich nicht regenerieren.
In diesen Fällen fehlen also tatsächlich die Ressourcen, um Anforderungen zu begegnen. Und das macht sich dann z. B. auf folgende Weise bemerkbar:
Überforderung körperliche Symptome
Typische Symptome einer körperlichen Überforderung sind unter anderem:
- starke Muskelschmerzen
- Abfall der körperlichen Leistungsfähigkeit
- ständige Müdigkeit
- Schlafstörungen
- innere Unruhe
- Konzentrationsschwierigkeiten
- sowie alle Symptome von Nährstoffmangel oder Krankheit bis hin zu Organschäden.
Tritt körperliche Überforderung primär wegen (psycho-sozialem) Stress auf, sind zusätzlich folgende Anzeichen besonders häufig vertreten:
- Herzrasen
- starke Anspannung
- Schweissausbrüche
- das Gefühl keine Luft zu kriegen
- Zittern
- sehr starker Drang sich zu bewegen
- Verdauungsbeschwerden
- Schmerzen (v.a. im Kopf und Rücken)
- Erschöpfung
- Schwindel (bis hin zur Ohnmacht)
Bringst du andere Symptome mit Überforderung in Verbindung, ist das auch möglich – jeder Körper äußert sich individuell. All das kann in unterschiedlicher Intensität auftreten, bis hin zu einem Nervenzusammenbruch.
Dann gibt es noch die Überforderung, die wir eher als psychisch bzw. emotional wahrnehmen:
Psychisch und emotional überfordert
Gedanken und Gefühle lassen sich als Ergebnis einer Bewertung deines Körpers verstehen, vor allem deines Nervensystems und Gehirns.
Dein Organismus ist immer darauf ausgerichtet, dass du gut (über)leben kannst. Gedanken und Gefühle unterstützen dich dabei: z. B. indem sie dir signalisieren etwas Bestimmtes zu tun oder zu lassen.
Dementsprechend kann körperliche Überforderung zu Symptomen führen, die du als psychisch bzw. emotional wahrnimmst. Genauso kann auch die Bewertung einer Situation sich in starken körperlichen Empfindungen ausdrücken.
Überforderung psychische und emotionale Ursachen
Dass du dich psychisch bzw. emotional überfordert erlebst, passiert dann besonders häufig, wenn du entsprechende Erfahrungen gemacht hast: nämlich Erfahrungen, in denen Ressourcen für dich nicht vorhanden oder nicht zugänglich waren. Dann fühlst du dich bereits überfordert, sobald dein Gehirn und Nervensystem es für möglich halten, dass so eine Situation wieder eintreten könnte. Also noch bevor irgendetwas passiert ist.
Z. B. kann es sein, dass du in der Schule beschämende Erfahrungen gemacht hast, als du einen Vortrag gehalten hast. Sollst du dann später in einem Meeting etwas präsentieren, kann es sein, dass du aus Angst schon Tage vorher nicht mehr schlafen kannst.
Abwärtsspirale bei psychischer und emotionaler Überforderung
Das Problem dabei: mit einem Gefühl von Überforderung bist du z. B. deutlich weniger gut (oder überhaupt nicht mehr) in der Lage klar zu denken, dich auf etwas gut vorzubereiten, gelassen mit anderen zu kommunizieren oder kreativ zu sein.
In diesem Fall verfügst du vielleicht über ganz wunderbare Ressourcen, wie deine Fähigkeit etwas zu erklären und Fachwissen. Leider fehlt dir aber der Zugang dazu. Und blöderweise passiert dann oft genau das, was du befürchtet hast.
Ähnliches kann auch für ganz andere Situationen gelten. Manchmal tendiert unser Gehirn und Nervensystem dazu, überfordernde Erfahrungen auf alle möglichen anderen Situationen übertragen. Das könnte heißen:
Deine Erfahrungen mit deinem Vortrag in der Schule, waren so schrecklich, dass du dich in der Folge nicht nur bei Präsentationen unwohl fühlst, sondern immer, wenn du mit anderen Menschen sprichst.
Klar, könntest du theoretisch eine Präsentation halten und mit anderen Menschen sprechen. Praktisch macht dir dein Gefühl von Überforderung, aber einen Strich durch die Rechnung. Erschöpfung, Verzweiflung, Resignation machen sich bereits breit.
Und das ist der Moment, in dem du dir denkst: „was ist mit mir falsch? Andere kriegen das doch auch auf die Reihe?!“.
Dieser Gedanke ist Teil der folgenden typischen psychischen und emotionalen Anzeichen:
Überforderung psychische und emotionale Symptome
Das alles ist typisch bei Überforderung:
- Angst oder Panik
- starke Reizbarkeit oder Wut
- hohe Schreckhaftigkeit
- schnelle Reizüberflutung (z. B. Licht, Geräusche)
- Freudlosigkeit
- Hoffnungslosigkeit, Resignation
- Stimmungsschwankungen
- Gedankenrasen
- wirre, unzusammenhängende Gedanken
- negative Gedanken(spiralen)
- langsames, zähes Denken
- ständige Wiederholung der gleichen Gedanken oder Bilder
Grundsätzlich tritt das Gefühl von „es ist zu viel / zu groß / zu schnell“ immer wieder auf.
Der Eindruck, dass etwas nicht bewältigen zu können, ist ständig präsent. Manchmal bezieht es sich nicht einmal auf etwas Bestimmtes: Das ist vor allem der Fall, wenn dein Gefühl von Überforderung sich bis in deinen Alltag hineinzieht und einfach alles zu viel wird.
Was kannst du jetzt tun?
Was tun bei emotionaler Überforderung?
Du erinnerst dich: manchmal brauchst du mehr Wasser, machmal einen Schlüssel und manchmal den frischen Blick. Was davon das Richtige ist, kannst du in einem überforderten Zustand oft schlecht beurteilen.
Eine kognitive Verzerrung namens „mood–congruent memory bias“, also „stimmungskongruente Gedächtnisverzerrung“, macht es dir schwer, die Situation nicht aus einer Perspektive von Überforderung heraus zu bewerten: Dein Gehirn kann besser auf Informationen, also z. B. Erinnerungen, zugreifen, die zur aktuellen Stimmung passen.
Außerdem kannst du in dieser Art von Alarmzustand oft buchstäblich nicht klar denken, hast keine Kraft und keinen Raum für kreative Lösungen.
Verzichte darum darauf, deine konkreten Probleme sofort lösen zu wollen (so komisch sich das auch anfühlt) und kümmere dich zuerst nur um deinen Körper und deine Emotionen.
Das bedeutet kurzfristig in einer akuten Situation vielleicht so etwas Simples wie erstmal spazieren zu gehen, zu schlafen oder wieder tief durchzuatmen. Mehr dazu auch in meinem Artikel zum Thema Nervenzusammenbruch.
Bei chronischer Überforderung braucht es eine genaue Analyse äußerer und innerer Faktoren, die dir das Leben schwer machen. Anschließend lassen sich Strategien erarbeiten, die auf deinen Körper, deine Psyche und ihre Zusammenarbeit abgestimmt sind.
Ich empfehle dir dafür professionelle Unterstützung. Vergiss bitte auch nicht, dir gleichzeitig einen Termin bei deiner*m Hausärzt*in zu machen: lass unbedingt abklären, ob du einen Nährstoffmangel oder ähnliches hast (v.a. bei starker Müdigkeit oder Erschöpfung).