Person mit weißem Oberteil, die sich mit dem Kopf auf eine steinerne Kante lehnt, während die dunklen langen Haare den Kopf verdecken

Daran erkennst du ein schlechtes Gewissen

Psychische und körperliche Symptome bei Schuldgefühlen
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Inhaltsverzeichnis

Schuldgefühle sind mehr als Gefühle

Schuldgefühle sind ein komplexes Geflecht in deinem Erleben: du spürst sie körperlich, fühlst und denkst sie. Obwohl sie so individuell sind wie du, gibt es trotzdem einige typische Merkmale, die sehr häufig auftreten und die ich dir im Folgenden beschreibe.

Wichtiger als eine Liste von Symptomen ist aber, zu verstehen, dass wir Schuldgefühle selbst „herstellen“ – sogar wenn das manchmal ganz automatisch, wie von selbst zu passieren scheint.

Schuldgefühle, wie auch z. B. unterdrückte Gefühle, entstehen durch (bzw. verursachen) einen inneren Konflikt, der viel Stress bedeuten kann. Auf Dauer kann das nicht nur die Wahrscheinlichkeit für bestimmte Krankheiten erhöhen, sondern dir auch die Lebensfreude rauben.

Es lohnt sich daher, Schuldgefühle zu verstehen und zu lernen, wie du einem schlechten Gewissen bewusst begegnen kannst. Dieser Artikel soll dich dabei unterstützen.

Schlechtes Gewissen – typische Merkmale

Dein schlechtes Gewissen beschreibt einen inneren Zustand. Wie du diesen Zustand erlebst, hängt unter anderem davon ab, wie bedrohlich die Idee für dich ist, Schuld an etwas zu sein.

Je bedrohlicher, desto mehr Energie wird dein Körper zur Verfügung stellen: du sollst schnell handeln können und dich irgendwie aus der bedrohlichen Lage retten.

Schätzt dein Gehirn die Lage allerdings als zu bedrohlich ein, spürst du das als Erstarrung oder auch völlige Energielosigkeit. Du kannst dich eigentlich nur noch verkriechen und auf bessere Zeiten hoffen.

Dementsprechend vielfältig und unterschiedlich intensiv sind die Merkmale von Schuldgefühlen ausgeprägt. Um dein individuelles „Schuldgefühle-Muster“ zu verstehen, beginne am besten, dich selbst zu beobachten.

Was passiert, wenn du Schuldgefühle bemerkst:

  • was spürst du in deinem Körper und wie ist deine Haltung?
  • was fühlst du?
  • was denkst du?
  • wie verhältst du dich?

Für viele Menschen sind folgende Anzeichen typisch:

Körperliche Symptome bei Schuldgefühlen

  • hohe Anspannung
  • Hitzegefühl im Gesicht / Erröten
  • Schweißausbrüche
  • Engegefühl im Hals
  • Druck auf der Brust und im Nacken
  • Schwere in den Armen und Schultern
  • Rückenschmerzen
  • Kopfschmerzen
  • innere Unruhe / Nervosität
  • Zittern
  • Weinkrämpfe
  • Konzentrationsschwierigkeiten
  • Schlaflosigkeit
  • Bauchschmerzen
  • Verdauungsprobleme
  • verminderter oder vermehrter Appetit
  • Schwächegefühl in den Beinen (weiche Knie)
  • Erschöpfung
  • Bewegungslosigkeit
  • stockender / flacher Atem
  • zusammengekrümmter / -gefallener Oberkörper

Typische Gefühle bei Schuldgefühlen

  • Angst bis Panik
  • Wut bis Hass
  • Reue
  • Trauer
  • Niedergeschlagenheit
  • Verzweiflung
  • Hilflosigkeit

Exkurs: Schuldgefühle und Scham

Schuldgefühle von Scham zu unterscheiden, ist gar nicht so einfach: allein Körpersprache und -empfindungen sind sehr ähnlich.

Aber sie sind nicht das Gleiche. Genau genommen beziehen sich Schuldgefühle primär auf das eigene Verhalten und andere Personen – Scham hingegen auf die eigene Person und das führt zur Überzeugung von persönlicher Wertlosigkeit.

Beides kann sich so ineinander verschränken, dass die Grenzen verschwimmen – dennoch ist es sinnvoll, sie erstmal separat zu betrachten. Schuldgefühle entstehen anders als Scham und brauchen teilweise einen anderen Umgang.

Typische Gedanken bei Schuldgefühlen

Welche Gedanken dir bei Schuldgefühlen genau durch den Kopf gehen, hängt sehr von deinen Erfahrungen und deiner kulturellen und gesellschaftlichen Prägung ab.

Wenn du z. B. streng religiös erzogen wurdest oder auch Zeit in einer destruktiven Gruppe verbracht hast, denkst du vielleicht an die Bestrafung einer höheren Macht für deine Vergehen.

Bist du in einer Familie aufgewachsen, in der du keine Fehler machen durftest, können selbstbestrafende Gedanken besonders stark sein. Steht dir ein Gerichtsverfahren wegen einer Straftat bevor, denkst du vielleicht daran, wie du dich dort am besten verhältst um möglichst unschuldig zu wirken – und so weiter.

Typisch ist jedenfalls, dass deine Gedanken immer wieder zum Thema „schuldig sein“ und allen damit zusammenhängenden Aspekten zurückkehren.

Schuldgefühle und Schuld

Schuldgefühle zu haben und an etwas Schuld zu sein ist nicht das gleiche. Manche Menschen töten wahllos einen Menschen ohne eine Spur von Schuldgefühl. Manche Menschen fühlen sich schuldig, weil es regnet und der ihr Besuch auf dem Weg zu ihnen nass werden könnte.

Schuldgefühle sind etwas, dass ausschließlich im Innern stattfindet. Eine Instanz in uns selbst entscheidet, wann wir uns schuldig fühlen. Wann jemand für was als schuldig gilt, legen wir hingegen in Kultur und Gesellschaft fest. Geregelt wird das z. B. durch Normen und Gesetze.

Jemandem Schuldgefühle einzureden ist eine Art von Manipulation und wird als Druckmittel eingesetzt – nicht zuletzt in der Erziehung. Dennoch kann das erst funktionieren, wenn etwas in uns selbst diese Schuldgefühle auch „annimmt“.

Schuldgefühle hinter dir lassen

Um deine Schuldgefühle loszulassen, hilft dir eine gute Selbstkenntnis. Das ist die beste Voraussetzung um:

  • rechtzeitig innezuhalten und
  • dich für andere Möglichkeiten zu entscheiden.

Es geht darum, dem Teil von dir die Autorität zu nehmen, der dich automatisch schuldig spricht. Sobald du ihn wahrnimmst, kannst du folgende misstrauische Fragen stellen:

  • Was erzählst du mir eigentlich gerade?
  • Will ich deinem Rat wirklich folgen?
  • Was passiert, wenn ich es nicht tue?

So schwierig das auch ist: du kannst bewusst Einfluss auf deine deine Schuldgefühle nehmen. Du kannst lernen sie abzulegen und neu mit dir und der Welt umzugehen. Was dafür nötig ist liest du im Artikel „Schuldgefühle loswerden“.

Mehr zum Thema liest du auch in folgenden Artikeln:„Schuldgefühle loslassen – was du dazu wissen solltest“ und „Schlechtes Gewissen ohne Grund? Sechs typische Auslöser“.